Ernährung bei Gicht

Wie entsteht die Gicht? Auf welche Lebensmittel sollte man verzichten? Welche Nahrungsmittel kommen noch in Frage und muss man auf Kaffee verzichten? Wie erhöht Fruktose unvermeidbar das Gicht- Risiko?

Die Gicht ist eine Störung des Harnsäuremetabolismus, die durch einen erhöhten Harnsäurespiegel und Harnsäureablagerungen charakterisiert ist.

Die Harnsäure ist in unserem Stoffwechselgeschehen eigentlich ganz normal: Sie ist ein Abbauprodukt von bestimmten Eiweißstoffen, den so genannten Purinen. Nach dem Verzehr von Nahrung werden beim Menschen die Purine zu Harnsäure abgebaut und über die Niere ausgeschieden.

Dabei ist die täglich anfallende Harnsäuremenge nahrungsabhängig und bis zu einer gewissen Konzentration bei physiologischem ph- Wert noch wasserlöslich. Bei hohen Harnsäurespiegeln (Hyperurikämie) lagert sich das Salz der Harnsäure in Form von Uratkristallen insbesondere in den Gelenken (Knorpel, Schleimbeutel) und Niere ab. Die Wahrscheinlichkeit eines Gichtanfalls steigt dabei mit der Höhe des Harnsäurespiegels im Blut. 

Physiologie: Harnsäure ist schlecht löslich – bei Kälte und niedrigem pH-Wert nimmt die Löslichkeit weiter ab. Überschreitet die Harnsäurekonzentration im Blut die Löslichkeitsgrenze, so fallen kleine Harnsäurekristalle in den Gelenken aus (Mikrokristalle). Das löst eine starke Immunreaktion bzw. eine aseptische Entzündung aus. Das Immunsystem versucht die Mikrokristalle zu „umhüllen“ und setzen dabei Entzündungsmediatoren und Laktat frei. Wegen dem Laktat sinkt der pH- Wert noch weiter. Das saure Milieu fördert zusätzlich die Ausfällung von Uratkristallen und verschlimmert die Gicht.

Häufige Auslöser für eine symptomatische Hyperurikämie

  • Stark purinhaltige Nahrungsmittel (bspw. Fleisch, Innereien, Hülsenfrüchte, Fisch und Meeresfrüchte) daher Diät mit weniger als 500mg Purin/ Tag
  • Alkoholexzess
  • Lokale Unterkühlung
  • Übergewicht kann Gicht begünstigen
  • Vererbung bzw. eine Veranlagung zu erhöhten Harnsäurespiegeln
  • Das Alter: Die Gefahr für Gicht steigt im Laufe des Lebens an.
  • Das Geschlecht: Männer sind 20-mal häufiger betroffen als Frauen

Symptome

Es entsteht eine äußerst schmerzhafte Entzündung, das betroffene Gelenk schwillt an, ist gerötet und ist stark erhitzt. Zu 90% beginnt der erste Gichtanfall im Großzehengrundgelenk (Podagra) (bei Kälte).  Bei einer chronischen Gicht sind Gelenksschädigungen, -verformungen, Knorpelzerstörung, und Harnsäureablagerungen in der Niere möglich.

Ernährung & Gicht

Bei purinreicher Ernährung, Überernährung, vermehrtem Konsum von Alkohol und fruktosehaltigen Getränken fällt eine große Menge an Harnsäure zur Ausscheidung an. Fleisch ist dabei besonders hervorzuheben, da es stark purinhaltig ist. Alkohol (vor allem Bier ist stark purinhaltig) begünstigt auch die Harnsäurebildung und gleichzeitig vermindert der Alkohol die Harnsäureausscheidung.

Bei einer Diät sollten folgende Lebensmittel gemieden werden:

  • Hülsenfrüchte (Bohnen, Erbsen, Sojaprodukte)
  • Fleisch und Wurstwaren
  • Fettreiche Fische (Sardellen, Sardinen, Thunfisch)
  • Fertigsuppen, Rindsuppenwürfel
  • Alkohol (v.a. Bier – sehr purinreich!)
Tierische Lebensmittel Gebildete Harnsäure (mg/100g)
Innereien 220-920
Sardinen in Öl 345-800
Thunfisch in Öl 290
Hühnerkeule 160
Schweinefilet 150
Schweineschinken 200

 

Pflanzliche Lebensmittel Gebildete Harnsäure (mg/100g)
Sojabohnen 220
Linsen 200
Bohnen (trocken) 180
Weizenkeime 85
Spinat 50
Äpfel 15
Tomaten 10

Aus Purinen gebildete Harnsäurewerte aus unterschiedlichen Lebensmitteln (Müller, 2000; Gaster, 2013; medizininfo.de)

Sehr purinarme Lebensmittel
für den freien Verzehr
Harnsäuregehalt: <50mg/100g
  • Tierische Produkte: Käse, Milch, Eier
  • Früchte: Obst allgemein, Nüsse
  • Gemüse: Blattsalate, Tomaten, Paprika, Radieschen, Fenchel, Karotten, Gurke, Weißkohl, Zwiebel, Kartoffeln
  • Getreideprodukte: Reis, Nudeln, Brot und Brötchen
Lebensmittel mit mittlerem Puringehalt
für den seltenen Verzehr
Harnsäuregehalt: <50 – 100mg/100g
  • Gemüse: Spinat, Rotkohl, Wirsing, Bohnen, Blumenkohl, Brokkoli, Lauch, Champignons
  • Fisch: Scholle, Kabeljau, Rotbarsch
  • Fleisch und Wurst: Wild, Geflügel ohne Haut, Lamm, Schwein, Kalb, Fleischerzeugnisse und Wurst
Lebensmittel mit hohem Puringehalt
Verzehr vermeiden
Harnsäuregehalt: >150mg/100g
  • Fleisch: Geflügel mit Haut, Innereien, Fleischextrakt, Boullion
  • Fisch: Hering, Ölsardinen, Lachs, Makrele, Sprotten, Anchovis (Sardellen), Krustentiere
  • Hülsenfrüchte:grüne Erbsen, Kichererbsen, Sojabohnen, Linsen

Quelle: Institut für Ernährungsmedizin am Klinikum r.d.Isar, München

Fructose und Gicht: in Zukunft ein unvermeidbares Problem?

Fructose ist nicht nur in süßen Früchten und daraus hergestellten Produkten wie Marmeladen und Fruchtsäften, sondern auch in Honig und Agavendicksaft, Softdrinks sowie in zahlreichen Fertigprodukten enthalten. Man geht von einem Zusammenhang zwischen dem Gicht-Risiko und der individuellen Fructose- Aufnahme des Betroffenen aus.

Bereits ein Fructose-reiches Getränk pro Tag kann das Gicht-Risiko um bis zu 45% erhöhen, bei zwei Süßgetränken pro Tag steigt es um 85% [1]. Als Ursache dafür werden unter anderem die Beschleunigung des Purin-Abbaus und die Stimulation der Purin-Synthese durch Fructose gesehen. Ab 2016 entfällt die Beschränkung des Einsatzes von aus Maisstärke gewonnener Fructose (High Fructose Corn Syrup) als Süßungsmittel. Da dieser Zusatzstoff billiger herzustellen und zu transportieren ist als Glucose-Sirup oder Sucrose (Fructose : Glucose 50 : 50), könnte sich diese Problematik in Zukunft noch verschärfen. Die maßgebliche Bedeutung des Fruchtzuckers für die Pathogenese der Gicht ist noch nicht lange bekannt, dabei ist Fructose das einzige Kohlenhydrat mit einem direkten Effekt auf die Harnsäure. Besonders ausgeprägt ist dieser Effekt bei Menschen, deren Harnsäure-Spiegel bereits erhöht ist [2-5].

Mythen

  1. Der reine Verzicht auf Fleisch und stattdessen vegetarisch bzw. vegan sich zu ernähren, ist für die Betroffenen nicht der richtige Weg. Um den täglich Proteinbedarf zu decken, müssen nämlich beim ausbleibenden Fleischverzehr große Mengen an Hülsenfrüchten gegessen werden. Hülsenfrüchte zählen aber zu den purinreichen Lebensmitteln und sollten gemieden werde. Es braucht daher eine alternative Diät- Form [6].

2. Bier meiden, Weißwein ist erlaubt? Bier weist zwar objektiv gesehen den deutlich höheren Puringehalt auf, aber dieser Nachteil wird durch den höheren Alkoholgehalt vom Weißwein wieder ausgeglichen.

3. Kaffee und Schokolade meiden, ja oder nein? Die Purine, die in Kaffee und Schokolade vorkommen, sind hinsichtlich der Harnsäurebildung nicht zu berücksichtigen, da die enthaltenen Purine zu alternativen Abbauprodukten umgewandelt werden. Bei dem enthaltenen Coffein handelt es sich um ein Xanthin, das ebenfalls eine Purin-Quelle darstellt; deshalb wurde Gicht-Patienten lange grundsätzlich von Kaffee abgeraten. Inzwischen hat sich aber gezeigt, dass dies nicht notwendig ist, im Gegenteil: In Beobachtungsstudien konnte gezeigt werden, dass ein hoher Kaffeekonsum mit niedrigen Harnsäure-Spiegeln assoziiert ist [7-9]. 

Therapie

Die Therapie eines akuten Gichtanfalls besteht aus einer Kombination aus Medikamenten und Lebensstilmaßnahmen. Zur Behandlung werden meist abschwellende und entzündungshemmende Medikamente eingesetzt sowie Magenschutzmittel. Das betroffene Gelenk sollte hochgelagert und möglichst geschont werden. Da die kristallisierte Harnsäure durch Flüssigkeit aufgelöst werden kann, sollte man viel trinken – ideal sind zwei bis drei Liter am Tag. Bei mehr als 2 Gicht- Anfällen und/ oder Folgeerkrankungen wie Anhäufungen von Uratkristallen in Weichteilgeweben oder Harnsäuresteine (Urolithiasis) sollte eine medikamentöse Behandlung eingeleitet werden[10].

Übergewichtigen wird zu einer langsamen Reduktion auf ein Normalgewicht geraten. Wer von Gicht betroffen ist, sollte zudem auf seine Ernährung und ausreichende Bewegung achten.

Ernährungstipps

  • Fastenkuren sind zu meiden, da durch den Abbau von Fettspeichern Ketonkörper entstehen, die in der Niere infolge um die Ausscheidung von Harnsäure konkurrieren Moderate Gewichtsabnahme ist unproblematisch.
  • Fleisch und Wurst maximal 150 g pro Tag. Lebensmittel mit hohem Purin- Gehalt sollten gänzlich gemieden werden (Tabelle weiter oben).
  • Fisch und Meerestiere nur einmal pro Woche wählen, dabei auf eine vermehrte Zufuhr von Omega-3-Fettsäure-reichen Fischsorten (z.B. Lachs, Makrele, Hering) achten. Kommt es jedoch bereits nach gelegentlichem Fischkonsum zu Gicht-Anfällen, kann die vermehrte Zufuhr an Omega-3-Fettsäuren auch durch pflanzliche Öle (z.B. Leinöl, Rapsöl) oder durch Supplemente sichergestellt werden 
  • Pflanzliche Nahrungsmittel wie beispielsweise Erbsen, Linsen, Bohnen, und Rosenkohl sowie Soja-Produkten, die sehr viel Purin enthalten, sollten eingeschränkt werden (2 Mahlzeiten pro Wochen gelten als unbedenklich), eher auf eiweißreiche Getreideprodukte, -flocken umsteigen
  • Fettarme Milch, Milchprodukte und Eier sind empfehlenswert, da purin-arm.
  • Auf Alkohol verzichten, da Alkohol die Harnsäure-Ausscheidung in der Niere abschwächt.
  • auf mit Fructose/Fructose-Sirup gesüßte Getränke möglichst vollständig verzichten
  • Kaffee in moderaten Mengen (unabhängig davon, ob mit oder ohne Coffein) [9]
  • Vitamin C (Ascorbinsäure) führt ab 500mg/d zur vermehrten Ausscheidung von Harnsäure über die Niere, da durch Vitamin C zusätzlich die glomuleräre Filtrationsrate gesteigert wird [11]. So konnte in placebokontrollierten Studien gezeigt werden, dass die tägliche Zufuhr von 500mg Vitamin C das Gicht- Risiko um 20% verringern kann [12-15].
  • Hilfreich für die richtige Auswahl an Lebensmittel und für die tägliche Aufnahme kann dieser Rechner sein. Die Menge der mit der Nahrung aufgenommenen Purine sollte soweit begrenzt werden, dass pro Tag nicht mehr als 400-500 mg Harnsäure produziert werden. Unterstützung bietet dafür ein Kalkulator [15].

 

https://www.gichtliga.de/purinrechner/

Unterstützend können harntreibende Tees getrunken werden, um die anfallende Harnsäure auszuspülen. Personen mit einer eingeschränkten Nierenfunktion sollte dies aber zuerst mit ihrem Arzt abklären.

Quellen:

 

[1] Choi HK, Curhan G. Soft drinks, fructose consumption, and the risk of gout in men: prospektive cohort study. Br Med J 2008;336:309-312

[2] Choi HK. Soft drinks, fructose consumption, and the risk of gout in men: prospective cohort study. BMJ 2008; 336: 309.

[3] Johnson RJ, Segal MS, Sautin Y. Potential role of sugar (fructose) in the epidemic of hypertension, obesity and the metabolic syndrome, diabetes, kidney disease, and cardiovascular disease. Am J Clin Nutr 2007; 86: 899–906.

[4] Stirpe F, Della Corte E, Bonetti E et al. Fructose-induced hyperuricaemia. Lancet 1970; 2: 1310–1311.

[5] Choi HK, Willet W, Curhan G. Fructose-rich beverages and risk of gout in women. JAMA 2010; 304: 2270–2278

[6] Schmidt JA et al. Serum uric acid concentrations in meat eaters, fish eaters, vegetarians and vegans: a cross-sectional analysis in the EPIC-Oxford cohort. PLoS One 2013;8(2):e56339. doi: 10.1371/journal.pone.0056339, online publiziert am 13. Februar 2013

[7] Choi HK, Willet W, Curhan G. Coffee consumption and risk of incident gout in men: a prospective study. Arthritis Rheum 2007; 56: 2049–2055.

[8] Traindl O, Gicht und Ernährung. rheuma plus 4/2012. 

[9] Smollich M, Blumenschein B. Was darf man bei Gicht essen? 

[10] 2012 American College of Rheumatology Guidelines for Management of Gout. Part 1. Systematic Nonpharmacologic and Pharmacologic Therapeutic Approaches to Hyperuricemia. Arthritis Care Res 2012;1431–1446,

[11] Choi HK, Mount DB, Reginato AM. American College of Physicians; American Physiological Society: Pathogenesis of gout. Ann Intern Med 2005; 143: 499–516.

[12] Choi HK, Gao X, Curhan G. Vitamin C intake and the risk of gout in men: a prospective study.Arch Intern Med 2009; 169: 502–507.

[13] https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2016/daz-7-2016/gichtanfaelle-verhindern

[14] https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2016/daz-7-2016/gichtanfaelle-verhindern

[15] https://www.gichtliga.de/purinrechner/

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